David Tipling ist ein international bekannter Wildlife-Fotograf und Autor, seine große Leidenschaft ist die Vogelwelt. Seine erste Kamera erhielt er als Jugendlicher von seinen Eltern. Er ist Autodidakt und heftete sich für seine Lieblingsmotive einfach versierten Ornithologen an die Fersen. Diese Hartnäckigkeit wurde er mit diversen Preisen belohnt, beispielsweise dem „Documentary Award for the European Nature Photographer of the Year“ für seine Arbeit über Kaiserpinguine. Über 30 veröffentlichte Bücher zur Vogelwelt belegen seine Spezialisierung.
Wir haben ihm ein paar Fragen zu seinem beruflichen Werdegang und seiner Arbeit gestellt. Die Antworten zeigen ein weiteres Mal, wie massiv sich die Branche in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat und wie herausfordernd es auch für Fotografen ist, damit Schritt zu halten.
David, wie kam es zu dem großen Interesse für Naturfotografie?
Ich begann mich für Vögel zu interessieren, als ich etwa 9 Jahre alt war. Ich kann mich an den Moment erinnern, als ich diesen erstaunlich aussehenden Vogel sah, orange und grau mit einem langen, dolchartigen Schnabel, der den Vogeltisch in meiner Schule besuchte. Ich war neugierig, was das für ein Tier war, und das veranlasste meine Eltern, mir das „Observers Book of Birds“ zu kaufen. Der Vogel war ein Kleiber. Von diesem Moment an hatte ich ein neues Hobby.
Mein erstes Foto von Vögeln machte ich im Alter von etwa 13 Jahren. Ich pirschte mich an einen Schwarm Gänsesäger entlang des Flusses heran und machte ein Foto von einem Männchen, das abflog. Als sich meine Leidenschaft für die Fotografie verfestigte und mir klar wurde, dass das mein Beruf werden sollte, schien allerdings das Fotografieren von Wildtieren nicht der attraktivste Weg zu sein. In den 70er und 80er Jahren gab es nur sehr wenige professionelle Naturfotografen – also träumte ich davon, Sportfotograf zu werden, genauer gesagt: Motorsport zu fotografieren. Ich begann, Brands Hatch zu besuchen und die Rennen zu fotografieren und hatte einige frühe Erfolge. Es war eine großartige Zeit, um den Sport zu fotografieren, denn der Zugang war wirklich gut. Ich habe Bilder von einem sehr jungen Ayrton Senna, Martin Brundle und verschiedenen anderen in den Boxen, lange bevor sie in die Formel 1 aufstiegen.
Wie gelang dann der Schritt zur Wildlife-Fotografie?
Wie gesagt, ich wusste also schon als Teenager, dass ich Profi werden wollte, aber der Weg dorthin war – wie wohl bei vielen Kollegen – etwas holprig. Ich verließ die Schule mit 17, ein Studium interessierte mich nicht – ich wollte raus und Geld verdienen, um mir eine bessere Ausrüstung leisten zu können. Ich machte eine Reihe von Jobs und landete schließlich mit Anfang 20 in der Innenrevision einer Bausparkasse. 1988 ging ich mit einigen Freunden auf eine Safari nach Kenia. Auf dieser Reise machte ich ein Bild von einem Leoparden in einem Baum, das später von der Telegraph Colour Library für einen ihrer Kataloge ausgewählt wurde. Bevor es das Internet gab, waren Stock-Kataloge das Hauptverkaufsmittel für Bilder, das Geschäft lief damals noch ganz anders und wenn man es schaffte, Bilder in die Kataloge zu bekommen, konnte man einen anständigen Gewinn erzielen. Im ersten Monat, in dem mein Leopardenbild zum Verkauf stand, verdiente ich mehr als durch mein Monatsgehalt bei der Bank, in der ich damals arbeitete. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich es als Tierfotograf schaffen konnte. 1992 wagte ich dann den Schritt in die Selbständigkeit.
Die Anfangsjahre waren schwer, ich kämpfte um Einnahmen und gründete schließlich selbst eine Bildagentur. Windrush Photos leitete ich 10 Jahre lang verkaufte dort nicht nur meine eigenen Arbeiten, sondern auch die anderer Fotografen. Es dauerte gute fünf Jahre, bis ich mich etabliert hatte. Mitte der 1990er Jahre geschahen zwei Dinge, die meine finanzielle Lage veränderten und meine Karriere in Schwung brachten: Erstens wurde ich von der Tony Stone Agency aufgenommen, damals die führende Fotobibliothek der Welt. Sie nahmen nur sehr wenige Bilder von dir, aber die, die sie nahmen, verkauften sie immer und immer wieder. Ich hatte z.B. ein Bild von einem Rotkehlchen auf einem Gabelstiel, das mehr als 400 Mal verkauft wurde. Der zweite Game Changer war die Veröffentlichung meines ersten Buches „Top Birding Spots in Britain & Ireland“. Das hat meiner Bekanntheit enorm auf die Sprünge geholfen. Aber: Der Verlag verlor während der Buchproduktion alle meine Dias und musste mir mehrere zehntausend Pfund als Entschädigung zahlen. Das eröffnete mir wiederum den Spielraum, 1998 an einer Expedition teilzunehmen und neben einer Kaiserpinguin-Kolonie in der Antarktis zu zelten und zu fotografieren. Es war eine erstaunliche Erfahrung und, um es kurz zu machen: Die Bilder verkauften sich unglaublich gut, da bis dahin nur wenige Kaiserpinguine beim Brüten ihrer winzigen Küken auf ihren Füßen fotografiert worden waren. Das Geld, das dann aus diesen Bildverkäufen zu fließen begann, gab mir die Möglichkeit, weiter die Welt zu bereisen und Wildtiere zu fotografieren. Und die neuen Bilder wieder zu verkaufen, um wieder zu reisen… Ein schöner Kreislauf!
Gibt es Arten, Orte oder Themen, die Sie im Laufe der Zeit immer wieder neu fotografieren?
Ja, natürlich. Ich habe wiederholt an einer Reihe von Naturschutz-Kampagnen rund um das illegale Töten von Vögeln im Mittelmeer für BirdLife gearbeitet und Filmmaterial für den Dokumentarfilm „Emptying the Skies“ gedreht. Wenn man aus erster Hand gesehen hat, wie Vögel in Scharen auf Kalkstöcken in Olivenhainen auf Zypern sterben oder wie Raubvögel auf Malta vom Himmel geschossen werden, dann möchte man als Vogelliebhaber einfach etwas tun. Ich hoffe sehr, dass meine Bilder von diesen Kampagnen etwas bewirkt haben.
Die Reisen sind etwas weniger geworden, ich mache deshalb auch viel in meiner näheren Umgebung in North Norfolk und besinne mich auf die Themen, die ich gerne fotografiere und die immer noch gefragt sind. Dazu gehören Hasen und Schleiereulen, ich habe ein Geschäft für Kunstdrucke und das sind auch beliebte Motive, die wir über die Galerie verkaufen. Ich fotografiere auch für eine Firma, die sich mit Vogelschutz und -haltung beschäftigt. Außerdem drehe auch Videoclips von Nistkästen und Vogelfutterautomaten, das kann ich sehr gut in meinem eigenen Garten machen und in einem kleinen Waldstück, das mir gehört.
Wie haben sich die Herausforderungen im Laufe Ihrer Karriere verändert?
Die größte Herausforderung am Anfang war es, meinen Namen zu etablieren und regelmäßig Aufträge zu bekommen. Jetzt besteht die größte Herausforderung darin, inmitten der Millionen von gewöhnlichen Bilder, die täglich in den sozialen Medien gepostet werden, sichtbar zu bleiben und die Menschen dazu zu bringen, großartige Fotografie so zu schätzen, wie sie es früher getan haben – es geht darum, visuelle Kompetenz zu vermitteln.
Was war die wertvollste Lektion, die Sie gelernt haben?
Durchhaltevermögen zu entwickeln und bewahren, indem ich meinen eigenen fotografischen Stil entwickelt habe und mir sicher bin, dass ich das Richtige tue – und mich nicht darum kümmere, was andere machen.
- Hier geht es zu den Bildern von David Tipling in unserer Datenbank.
Wer Lust hat, von dem sympathischen Engländer ein paar praktische Tipps zu bekommen, dem seien außerdem seine Videos empfohlen, z.B.